Alberto Moravia, 53, hatte gerade seinen Welterfolg Die Langeweile veröffentlicht, sich von seiner Frau getrennt und die junge Dacia Maraini kennengelernt. Claudia Cardinale, 23, war seit Viscontis Rocco und seine Brüder ein Star. Das Interview, das die Zeitschrift Esquire in Auftrag gegeben hatte, fand im Mai 1961 in Moravias Arbeitszimmer statt. Der alternde Dichter saß tippend an der Schreibmaschine und war von der Situation so fasziniert, dass ihm die Schreibmaschine immer wieder zu Boden fiel. Moravia eröffnet das Interview mit der Bemerkung, er interessiere sich weder für Claudia Cardinales Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft noch für ihre Meinung über Politik, Liebe, Kunst, Frauen und Männer, sondern wolle sie als Objekt im Raum, als physische Erscheinung befragen, durch die allein sie sich von allen anderen Menschen unterscheide. Die junge, schüchterne Schauspielerin wirft den Ball zurück und beginnt sich zu beschreiben: Haare, Hals, Mund, Schultern, Brust, Hände, Hüften, Beine wie sie sich morgens an- und abends auszieht, sich schminkt und abschminkt, ins Bett legt Einem modernen Sokrates gleich, leitet Moravia aus den um Objektivität und Genauigkeit bemühten Antworten seine Theorien über die Natur des Menschen, über Schlaf, Traum und Wirklichkeit, das Leben und die Liebe ab. Zu Moravias Schlussfolgerungen mag man stehen, wie man will, der erotischen Wirkung, die Claudia Cardinales minutiöse Beschreibung ihres Körpers und ihres Schlafzimmers ausübt, kann man sich nicht entziehen. Moravia und seiner Schreibmaschine ging es genauso.
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